EXPERTENINTERVIEW EXPERTENTELEFON \"Jobeinstieg als Bachelor\" am 18.11.2010

"Früh in die Karriere starten"

Immer mehr Jobs sind speziell auf Bachelor-Absolventen zugeschneidert, außerdem bekommen sie innerhalb vieler Unternehmen reichlich Unterstützung für ihre Karriere. Welche Chancen sich für Bachelor eröffnen, das schildert im Experteninterview Steffen Laick, der bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young für das globale Employer Branding verantwortlich ist - und sich folglich mit allem befasst, was das Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt positiv von Mitbewerbern unterscheidet. Zudem ist er im Vorstand von QUEB (Quality Employer Branding e.V.), arbeitet an neuen Recruiting-Möglichkeiten sowie als Dozent für internationales Personalmanagement an der Hochschule in Ludwigshafen.

 

 

 

 

 

 

 

Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen Bachelor und Master im Vergleich zu Diplom- oder Magisterabschlüssen? Zu welchen Veränderungen hat die Umstellung der Abschlüsse in den Unternehmen geführt?

  • Steffen Laick: Wesentlich ist die Zweiteilung des Studiums. Der Bachelor ist der erste berufsqualifizierende Hochschulabschluss, der Master hingegen setzt einen vorangegangenen Hochschulabschluss voraus. Durch die Verkürzung der Studiengänge, insbesondere im Hinblick auf die Ansprache der Bachelor-Absolventen, wurde es notwendig, dass das Personalmarketing von Ernst & Young früher aktiv wird. Das bedeutet, dass wir die potenzielle Zielgruppe schon im Rahmen des Schulmarketings an ausgewählten Gymnasien ansprechen. Zum Beispiel beteiligt sich Ernst & Young an der Veranstaltung "Handelsblatt macht Schule", um den Wirtschaftsunterricht mit Praxisbeispielen mitzugestalten und sich dort als Unternehmen vorzustellen.

Ihr Unternehmen bietet ein Einstiegsprogramm für Bachelor an. Worin unterscheidet es sich im Vergleich zu den Einstiegsprogrammen für Master- oder Diplomabsolventen?

  • Steffen Laick: Das 19-monatige AuditPLUS Traineeprogramm des Fachbereichs Wirtschaftsprüfung bei Ernst & Young steht allen Absolventen offen. Dabei liegt der Schwerpunkt in der praktischen Ausbildung im Hinblick auf die Wirtschaftsprüfung - mit der Möglichkeit, während zwei Orientierungsphasen andere Unternehmens- und Beratungsbereiche im In-und Ausland kennenzulernen. Darüber hinaus reagieren wir mit berufsbegleitenden Masterstudienangeboten auf den Bedarf der Bachelor-Absolventen.

In welchen Unternehmensbereichen werden bei Ernst & Young vorzugsweise Stellen für Bachelor-Absolventen ausgeschrieben und wo werden eher Master-Absolventen angesprochen?

  • Steffen Laick: Die Einstiegspositionen werden für alle Absolventen ausgeschrieben. Wir stellen sehr gute Master ebenso wie sehr gute Bachelor ein. Anschließend entwickeln sich die Absolventen dann mit unserer Unterstützung je nach ihrer Ausbildung und ihren individuellen Fähigkeiten bzw. Möglichkeiten.

Wer den Bachelor-Abschluss macht, studiert nur sechs Semester, das ist deutlich kürzer als früher. Wo sehen Sie die Vorteile der kürzeren Studiendauer für die Absolventen und die Unternehmen?

  • Steffen Laick: Für ein Unternehmen wie Ernst & Young ist es vorteilhaft, dass uns die Studierenden eher zur Verfügung stehen. Und der Vorteil für die Studierenden besteht darin, dass sie ihre Karriere bereits zu einem früheren Zeitpunkt steuern können.

Sollten Studierende nach dem Bachelor zunächst in den Beruf einsteigen und später einen Master-Studiengang anhängen oder direkt den Master machen? Welches Modell empfehlen Sie?

  • Steffen Laick: Bei uns haben Bachelor-Absolventen beide Möglichkeiten. Wir bieten einerseits den Direkteinstieg an, anderseits können Bachelor-Absolventen künftig z. B. im Bereich Wirtschaftsprüfung verstärkt Masterstudiengänge nach § 8a WPO (Wirtschaftsprüferordnung) belegen. Das sind spezielle Masterstudiengänge, bei denen die Leistungen "Angewandte Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre (BWL/VWL)" sowie das Wirtschaftsrecht des Wirtschaftsprüfer-Examens während des Studiums abgefragt werden. Der Nachweis der Kenntnisse kann bei dem im Anschluss möglichen Wirtschaftsprüfer-Examen angerechnet werden.

Sicher kommt es noch immer vor, dass Bewerber gerade in mittelständischen Unternehmen auf Personalverantwortliche treffen, die sich mit dem Leistungsstand von Bachelor-Absolventen nicht auskennen. Wie kann ein Bewerber in einer solchen Situation mit wenigen Worten seine Qualifikation erklären?

  • Steffen Laick: Er sollte auf relevante Studienfächer und Stationen wie Praktika im Lebenslauf verweisen, um sein Interesse für den Bereich zu verdeutlichen, in dem das jeweilige Unternehmen aktiv ist. Die Begriffe European Credit Transfer and Accumulation (ECTS) und Credit Points sind natürlich weitere Anhaltspunkte, um den Stand der Qualifikation zu verdeutlichen. Die ECTS-Notenskala verdeutlicht die qualitative Leistung - auch im Vergleich zu Studierenden von anderen Hochschulen, sogar im Ausland. Und die Credit Points geben Auskunft über die bereits erreichten und über die noch zu absolvierenden Studienleistungen.

Sind die Qualifikationen von Bachelor-Absolventen mit den Fähigkeiten von Absolventen der Fachhochschulen vergleichbar?

  • Steffen Laick: Die Fähigkeiten sind grundsätzlich vergleichbar, wobei die Hochschulen zum Teil unterschiedliche Schwerpunkte in der Lehre setzen.

Wie hat sich die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen für Bachelor in den letzten Jahren entwickelt?

  • Steffen Laick: Bei Ernst & Young suchen wir generell sowohl Bachelor- als auch Masterabsolventen. Daher ist die Anzahl der Stellen, die bei uns ausgeschrieben werden, eher konjunkturabhängig und nicht bezogen auf den Abschluss zu betrachten. Momentan suchen wir ca. 1.000 bis 1.200 Absolventen.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),